Als Freie Rednerin auf Trauerfeiern erlebt man nahezu alle möglichen Emotionen.
Manche Zeremonien sind locker, fast fröhlich, geprägt von Akzeptanz und der Dankbarkeit, einen wertvollen Menschen gekannt zu haben. In anderen gibt das Leid den Ton an, das Unverständnis, die Wut, die Verzweiflung darüber, dass ein lieber Angehöriger leiden musste oder viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde.
Aber den leichten Abschied gibt es nie.
Wir neigen dazu zu glauben, dass der Abschied von der Oma, die mit 88 Jahren ihr Leben gelebt hat und endlich von allem Leid erlöst wurde, leichter fällt, als der Abschied vom jungen Familienvater, der von jetzt auf gleich durch einen Unfall aus dem Leben gerissen wurde.
Wir denken in Skalen von fair bis unfair, von erlösend bis grausam.
Doch welcher Tod ist schon fair? Und wann ist ein Tod zu früh, wann kommt er “rechtzeitig“?
Was zählt, sind die Gefühle, die wir unseren Angehörigen entgegenbringen. Wir können unsere alte Oma genau so schmerzlich vermissen, wie unseren jungen Ehemann. Wir können den Tod als Erlöser willkommen heißen oder als Raubmörder verfluchen.
Und all diesen Emotionen – Bedauern, Wut, Trauer, Sehnsucht, Verzweiflung und Einsamkeit versuchen wir freien Redner*innen in unseren Reden Respekt zu zollen. Ja, auch der Erleichterung, der Akzeptanz und Dankbarkeit.
Jedes echte Gefühl ist angemessen.