Natürlich ist die Überschrift bewusst provozierend gewählt.
Sie trifft aber den Kern aller sozialen Berufe.
Egal, ob man TrauerrednerIn ist, in medizinischen oder pädagogischen Berufen u.ä. arbeitet, man fühlt sich zwischen diesen beiden Eckpunkten hin- und hergerissen. Das Schwierige ist, dass die Lösung nicht einfach in der goldenen Mitte liegt, sondern für jeden woanders.
Einerseits gehört zu Professionalität eine gewisse Distanz. Wenn ich alle Probleme meiner KundInnen, SchülerInnen oder PatientInnen zu meinen mache, befinde ich mich innerhalb kürzester Zeit in einem Burnout. Ich kann nicht jeden retten, trösten, nicht jedem helfen. Ich muss abschalten können, um zu überleben und um jeden Tag wieder mit neuer Frische starten zu können.
Andererseits machen die sozialen Berufe aber auch erst dann wirklich Spaß, wenn ich mich öffne. Wenn ich Vertrauen zu meinen Mitmenschen aufbaue, wenn ich mitfühle. Wer möchte Lehrpersonen, für die die Lernenden nur Buchstaben in einem Alphabet sind? Wer möchte von Arzt-und Pflegepersonal betreut werden, für das man nur ein Name auf einer Karteikarte ist? Wer möchte von einer/m Redner/in auf einer Trauerfeier begleitet werden, für die man nur eine Zeile im Auftragsbuch ist? Gerade durch das persönliche Miteinander erfährt man in diesen Berufen Wertschätzung, Befriedigung, vielleicht sogar Glück.
Nun sind wir alle verschieden.
Es gibt Menschen, denen fällt es sehr leicht, in bestimmten Situationen mitfühlend zu sein, aber nach Arbeitsschluss abschalten zu können. Es gibt aber auch Menschen, die eine Mauer um sich brauchen, um funktionieren zu können. Und es gibt Leute, die gern viel von sich geben, weil es sie erfüllt, auch wenn es sie manchmal überfordert.
Das Schwierige ist daran, dass wir alle einen Weg finden müssen, wie wir persönlich am besten damit umgehen können. Wieviel Abgrenzung brauchen wir, wieviel Öffnung können wir zulassen, um einen Beruf ausüben zu können, der das Wohlergehen anderer Menschen beeinflusst? Und der manchmal soviele Anforderungen an uns stellt, dass die Zeit, der Stress, die Belastung die größten Feinde der freundlichen Gelassenheit sind?
Welche Werte haben wir, die wir unbedingt verwirklichen wollen, welche Werte können uns krank machen?
Für mich persönlich zählen Werte wie Offenheit, Empathie, Humor sehr viel. An meinem (anerzogenen) Wert „es allen rechtmachen wollen“ muss ich noch arbeiten. Viele Menschen in sozialen Berufen haben das „Helfer-Syndrom“, ohne das sie die (nicht immer gut bezahlten) Jobs ja nicht ausüben würden. Sie wollen jeden Menschen „sehen“, jede Träne trocknen, jede Hoffnung stärken, jede Seele retten. Und werden eines Tages selber krank.
Es lohnt sich sicher, an den Werten „Selbstwertschätzung“, und „Achtsamkeit“ zu arbeiten, denn damit tun wir auch unseren KundInnen / PatientInnen / Schutzbefohlenen einen Gefallen.
Zum Schluss möchte ich den scheinbaren Gegensatz „professionell oder emotional“ umfornulieren 😉
professionell emotional,oder ?