Diesen Text widme ich Jessi und Jörg, zwei sehr guten Freunden, mit denen ich schon viel durchgemacht habe – vor allem Nächte.
Als ausgebildete Rednerin weiß man immer, was man zu sagen hat.
Äääääääh-
Nein.
Ich gebe zu, Ideen- und Wortfindung ist nicht mein Problem, aber auch mich trifft hin und wieder die Frage „was soll ich sagen?“ Sowohl für die Reden selbst als auch zum Beispiel hier beim Schreiben eines Blogs.
- Hindernis 1: Die Trauer ist zu groß für Worte

Am einfachste ist es für mich, eine Trauerrede zu schreiben, wenn es eigentlich eine fröhliche, dankbare Lebensrede sein soll. Die verstorbene Person war 87, hatte ein erfülltes Leben und ist friedlich eingeschlafen. Alle sind traurig, wünschen sich aber für die lebenslustige Oma bzw. den schalkhaften Opa eine positive Rede.
Aber manchmal funktioniert das nicht. Manchmal ist die Trauer zu groß, das Unverständnis für einen zu frühen oder zu schrecklichen Tod zu heftig, und ich leide zwar als Rednerin nicht mit, weil ich die Familie nicht kenne, aber das Mitgefühl kann auch mich lähmen, siehe mein Artikel https://www.freieredner.com/was-wir-von-trauernden-kindern-lernen-koennen
Es gibt Situationen, da ist jedes Wort zuviel. Unpassend. Nichtssagend.
Trösten können meine Worte nicht. Das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich kann den Menschen ihre Trauer nicht nehmen, wer bin ich denn. Jeder trauert auf seine eigene Art und Weise. Ich kann nur versuchen, der Familie durch den Tag zu helfen, dem verstorbenen Menschen einen würdigen Abschied zu bereiten. Worte haben immense Kraft, doch manchmal sind die Gefühle um ein Vielfaches stärker. Doch auch wie der Löwenzahn, der durch eine Betondecke bricht, können Worte ein bisschen den Schmerz lindern. Wenn man die richtigen findet.
- Hindernis 2: Die Freude ist zu groß für Worte

Spitze, toll, wunderbar, großartig, wahninnig glücklich… Diese Worte werden geradezu inflationär bei uns verwendet und manchmal bleiben einem keine Superlative mehr übrig, um das jedesmal einzigartigste, beeindruckendste und liebenswerteste Brautpaar aller Zeiten zu feiern 😉 Aber dazu haben wir ja einen nie versiegenden Strom aus Bildern, Geschichten und Vorstellungen, um den Beschreibungen gerecht zu werden. „Show, don’t tell“ heißt es in der Romanbranche, und das gilt auch für unsere Reden: Statt den Bräutigam als wahnsinnig romantisch zu bezeichnen, erzähle ich lieber, dass er zitternd vor Nervosität fast die ganze Gondelfahrt in Venedig über gebraucht hat, um endlich den Antrag zu stellen – kurz, bevor sie aussteigen mussten.
- Hindernis 3: Mir fällt nichts ein
Der Tod eines jeden Redners oder Schriftstellers.

Die Blockade.
Sebastian Fitzek, einer meiner Lieblingsautoren, sagte einmal
Wenn du eine Schreibblockade hast, dann deshalb, weil deine Figuren nicht so wollen wie du.
Auch, wenn man sich vorgenommen hat, jeden Montag einen Blogartikel rauszuhauen (oder jeden ersten Montag im Monat) – wenn es gerade kein Thema gibt, das an die frische Luft will, sollte man lieber keinen schreiben, finde ich. Manchmal überschlagen sich die Ideen und man kommt gar nicht mit dem Schreiben hinterher, manchmal ist in meinem Hirn Leere, Schwärze, Gelee.
Und dann?
Ehrlich gesagt halte ich mich da ein bisschen an die Bibel, die sagt:
Am Anfang war das Wort
Erst kam das Wort, dann die Schöpfung. Denn wie will man etwas schöpfen, das man nicht benennen kann? Und wenn ich mal keine Worte habe, dann schweige ich eben noch eine Weile…
Foto oben: Miriam Fauler Fotografie, Foto Mitte: Jules-Weddings, Foto unten: privat